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Maar Das Mundartwort „Maar“ ist ganz allgemein ein etwas „anrüchiger“ Begriff. Als es in den Dörfern noch keine Kanalisation gab, bezeichnete man damit an der Oberahr die aus menschlichen und tierischen Exkrementen zusammengesetzte Jauche, die sich im Maarlauch (Jauchegrube) ansammelte. In der Südeifel wird vielfach der Ausdruck Puddel verwendet. In Blankenheimerdorf hat „Maar“ eine weitere Bedeutung, nämlich als Flurbezeichnung. Die „Dörfer Maar“ liegt südlich der Ortschaft im Bereich der „Schmidtheimer Straße“ und der Kreisstraße K 70 in Richtung Blankenheim. „An der Maar“ gibt es einen größeren Fichtenbestand. Das Waldstück war uns Kindern immer ein wenig unheimlich, es sollte dort spuken.
Mantelbrett Das Wort scheint der Stadardsprache entnommen zu sein, ist aber tatsächlich allenthalben nur in der mundartlichen Umgangssprache zu Hause. Das Mantelbrett war die einfachste Form einer Kleiderablage: Ein Brett mit angeschraubten Kleiderhaken, ein Garderobenleiste, deren Ausstattung sich dem Geldbeutel des Besitzers anpasste. Die Haken reichten vom einfachen gedrechselten Holzpflock über lackiertes Eisen und blankes Messing bis hin zum chrom- und silberglänzenden Prunkstück. Das Eifelhaus besaß in der Regel keinen Flur, das Huus (Eingangsbereich, Küche) war als Garderobenraum ungeeignet, lediglich an der Innenseite der Haustür hingen ein paar „Arbeitsklamotten“ am Nagel. Also hatte das Mantelbrett in der Stov (Stube, Wohnzimmer) seinen Platz, manchmal als Winkelbrett in einer der vier Stubenecken. Es war häufig als kleines Wandbord ausgelegt, mit ein oder zwei Regalfächern, unter denen die Hakenleiste angebracht war. Im und auf dem Regal ließen sich kleinere Alltagsgegenstände unterbringen, Vaters Tubakskoß (Tabakskistchen, Vorratsbehälter) etwa, ein paar Bündel Fiete (Fidibusse), die Hausbibel und die Jebettbööcher (Gebetbücher) für den Kirchgang.
Maria Sief Am 02. Juli feiert die katholische Kirche das Fest „Mariä Heimsuchung,“ im Volksmund heißt dieser Tag seit eh und je „Maria Sief.“ Eine Wetterregel besagt, dass Regen auf Mariä Heimsuchung 40 Tage Dauerregen nach sich ziehe, der Eifeler sagt: Räänt et op Maria Sief, dann räänt et vierzich Daach stief. Der Ausdruck „Sief“ geht auf das Zeitwort siefe zurück, was „in Strömen regnen, Bindfäden regnen“ bedeutet. Maria Sief zählt zu den so genannten „Luster, - Lüster- oder Lostagen,“ die für langfristige Wetterprognosen von Bedeutung sind und auf die sich unter anderem auch der bekannte „Hundertjährige“ (Kalender) stützt. Es gibt eine Vielzahl von Lüsterdaach, einige davon sind Liëchtemoß (Lichtmeß, 02. Februar), Sebbeschlööfer (Siebenschläfer, 27. Juni), Mechelsdaach (Michaelstag, 29. September) und auch der erste Weihnachtstag. Das Fest Mariä Heimsuchung wurde im Jahr 1263 durch den Franziskanerorden eingeführt, es bezieht sich auf den Besuch Marias bei ihrer Base Elisabeth.
Märkkrooh (hartes o) Ein altes Wort für den Eichelhäher, der zur Familie der Rabenvögel zählt. Deren ungeliebte Vertreterin ist die Rabenkrähe, im Eifeler Dialekt die Krooh. Der Forstmann nennt den Eichelhäher wegen seines durchdringenden Schreckrufs gerne „Märk,“ die Eifeler Märkkrooh ist also eine „Märk-Krähe.“ In früheren Jahren, als noch jeder sich ein Kleinkalibergewehr kaufen und nach Herzenslust damit ballern durfte, ging es dem Eichelhäher schlecht. Die schwarz-weiß-blauen Deckfederchen seiner Oberflügel nämlich wurden als ein begehrter Schmuck hinters Hutband des Sportschützen gesteckt. Auch mein Vater hat mit seinem „Flobert“ manche Märkkrooh erlegt.
Mattesrüesje Ein gebräuchliches Dialektwort für das Gänseblümchen, mehr verbreitet ist allerdings Jänseblömche. Mattesrüesje bedeutet „Matthiasröschen“, was möglicherweise ein Hinweis auf die „Dauerhaftigkeit“ des Blümchens ist: Das Namensfest des heiligen Matthias ist der 24. Februar und bei entsprechender Witterung blüht zu diesem Zeitpunkt bereits das Mattesrüesje, das gleichermaßen noch im späten Herbst gedeiht. Auch der botanische Name „Bellis perennis“ (perennis = das Jahr hindurch, dauerhaft) lässt diese Deutung zu. In den Kriegsjahren gehörte das Sammeln von „Heilkräutern“ zu den Hausaufgaben der Schulkinder. Neben Birkenblättern, Schafgarbe, Spitzwegerich und Johanniskraut, mussten wir auch die Köpfe der Gänseblümchen sammeln. Das war eine unbeliebte, weil mühsame Aufgabe.
Mau (kurzes au, wie in „blau“) Das Wort bezeichnet den Ärmel eines Bekleidungsstückes. Die neue Jacke beispielsweise passte dem kleinen Fränz (Franz) an sich gut, nur „de Maue sen ze lang“. Von einem körperlich schwächlichen Menschen wurde behauptet : „Dä hät nix en dr Mau“. Rochus, mein früherer Arbeitskollege, war im Krieg Luftschutzwart in seinem Dorf und hielt einen Vortrag über das Verdunkeln der Häuser: „...und wenn man anders nix hat, hängt man eine Rocksmau (Rockärmel) oder ein Butzenbein (Hosenbein) über die Lampe“. Das trug dem Kollegen den Spitznamen Rocksmau ein, über den er sich mächtig ärgerte.
Mechelsdaach Michaelstag, Namensfest des heiligen Erzengels Michael. Der 29. September war früher für die Hütebuben von Bedeutung : Ab Mechelsdaach war de Wejd op (die Weide offen). Das bedeutete, daß auf allen nicht eingezäunten Grasflächen das Vieh weiden durfte. Dieser Brauch wurde in aller Regel akzeptiert, wer trotzdem kein fremdes Vieh auf seiner Weide dulden mochte, der machte dies durch Wehrrieser (Wehrreisig, Wehrzeichen) entlang der Grundstücksgrenzen kenntlich. Wehrrieser waren in die Erde gerammte Stöcke mit einem Stroh- oder Ginsterbündel am oberen Ende. Wehe dem Hütebuben, der beim Stroppe (verbotenes Beweiden) vom Besitzer der Wiese oder auch vom Feldhöder (Feldhüter) erwischt wurde, ein paar deftige Tachteln waren die Mindeststrafe.
melze (weiches e) Der Ausdruck ist vom Hauptwort Melz abgeleitet, dem Mundartwort für die Milz. Melze bedeutet somit „milzen,“ das Wort ist völlig aus der Mode gekommen. Wenn früher eine Kuh zu hastig frischen Klee gefressen hatte, kam es zu starker Gasbildung im Bauch, die im schlimmsten Fall zum Tod führte. Das Tier war opjeloufe (aufgelaufen), rasche Hilfe war nötig. Wenn bestimmte Flüssigkeitskuren zur natürlichen Gasableitung erfolglos waren, blieb als letztes Hilfsmittel der Bauchstich in die linke Milzgrube, die Kuh wurde „jemelz“ (gemilzt). Aus der Stichwunde entwich hörbar das angestaute Gas und das Tier konnte wieder atmen. Den Vorgang habe ich einmal beobachtet, als unsere „Rüet“ (Tiername) „opjeloufe“ war. Zufällig war an diesem Tag Hermann Molitor aus Steinfeld in unserem Dorf und hatte einem Fohlen auf die Welt geholfen. Mit einem speziellen Taschenmesser stach er unserer Rüet in den dick aufgeblähten Bauch, ich hatte schreckliche Angst, daß er sie totstechen würde. Hermann Molitor war in der gesamten Eifel als hervorragender „Veehdokter“ (Viehdoktor) bekannt und beliebt, er starb 83-jährig im Jahr 1963.
Melzemänn Ein typisches Blankenheimerdorfer Wort. Im benachbarten Blankenheim-Wald gab es früher das Sägewerk Milz, einen bedeutenden Wirtschaftfaktor für den hiesigen Bereich, der um 1900 bereits 30 Beschäftigte zählte. Die Firmenbelegschaft insgesamt bezeichnete man in der näheren Umgebung landläufig als „Melzemänn“ (Milzmänner), der Einzelne aus der Crew war somit ein „Melzemann.“ Der Eifeler kennt eine Reihe ähnlicher Bezeichnungen, Bahnemänn (Eisenbahner) beispielsweise, Possmänn (Postler), Böschmänn (Waldarbeiter) oder auch Zejdongsmänn (Reporter). Blankenheim-Wald liegt knapp einen Kilometer (Luftlinie) von Blankenheimerdorf entfernt, bei Westwind war die Werkssirene im Dorf deutlich zu hören, für die Leute ein Wettersignal : „Dr Melz tüüt, et jitt Rään“ (wörtlich : Der Milz heult, es kommt Regen). Westen ist bekanntlich die „Wetterseite.“ Die Werkssirene war nicht zuletzt für die Leute bei der Feldarbeit ein Zeitzeichen. Längst nicht jeder besaß früher eine Uhr, die Sirene kündigte unterdessen an: 10 Uhr Frühstückspause, 12 Uhr Mittagspause, 17 Uhr Feierabend. Die „Melz-Uhr“ war der Zeitmesser des Kleinen Mannes.
Mettechlögge Das Mittagsläuten wird auch „Zwölfuhrläuten“ genannt und war für unsere Eltern die Aufforderung zum „Angelus-Gebet,“ wie auch das Morgen- und Abendläuten. Wenn er die Glocke hörte, zog der Bauer bei der Arbeit den Hut zu einem kurzen Gebet, – es musste ja nicht immer der kompletten „Engel des Herrn“ sein. Speziell das Mittagsläuten war auch eine wichtige Zeitansage: Et lögg, losse mir Mettech maache (Es läutet, Mittagspause!). Die Wenigsten besaßen damals eine Uhr. Nicht zuletzt war das Mettechlögge auch für die Hütebuben das Zeitzeichen zum Heimtrieb, während der Ferien nämlich mussten sie auch vormittags mot de Köh fahre (mit den Kühen fahren = Vieh hüten). Das Läuten war früher in der Regel Aufgabe des Küsters, der somit dreimal täglich zur Kirche marschieren musste. Diese Arbeit hat inzwischen längst das vollautomatische elektrische Geläut übernommen.
Mittche Mittche ist die Verkleinerungsform von Mitt und das war die Bezeichnung für den Behälter zur Mitnahme des Mittagessens auf die Arbeitsstelle. Das Döppe (Topf) war oft aus Aluminium hergestellt wie beispielsweise das Kochgeschirr der Soldaten. Es gab unterdessen auch „Mittcher“ aus emailliertem Stahlblech. Die hatten aber den Nachteil, daß bei einem mittleren Knupps (Stoß, Schlag) die Emaille abplatzte und einen unschönen Fleck hinterließ, während es beim Alutopf nur eine unscheinbare Blötsch gab. Bei größeren Arbeitsgruppen, beispielsweise in der „Rotte“ bei der Bundesbahn, wurde eigens ein Kaffeekauch (Koch) bestimmt, dessen Aufgabe es war, beim Frühstück für heißen Kaffee zu sorgen und pünktlich zur Mittagspause die aufgewärmten Mittchen bereitzuhalten. Das Mittche ist in unserem Zeitalter der Kantinen und Thermo-Taschen fast völlig aus der Mode geraten.
Möckelche (weiches kurzes ö) „Jank ens mot en dr Stall, de Schwitt hät e Möckelche krijje“ (geh mal mit in den Stall, die Schwitt (Tiername) hat ein Kälbchen bekommen). Stolz zeigte mir Ohm Mattes das Neugeborene, das auf wackeligen Beinen im abgetrennten Ställchen stand. Möckelche war unser Ausdruck für ein Kuhkalb, wobei dessen Geschlecht keinerlei Rolle spielte. Schaf- oder Ziegenkinder nannten wir Limmesje, das Pferdejunge war ein Füllche, das Ferkel hieß Nückesje, der Kuhnachwuchs war eben ein Möckelche. Bevor ein Möckelche da war, ging hinter verschlossener Tür in unserem Stall stets Geheimnisvolles vor sich, die Erwachsenen waren drin, manchmal war auch der Nachbar dabei. Eine Geburt war für uns Pänz absolutes Tabu.
erop
zeröck
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