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Üem Ein früher häufig gebrauchtes Wort für „Onkel“, offensichtlich vom damals üblichen „Oheim“ abgeleitet. Wir Kinder durften allerdings unseren Onkel nie mit „Üem“ anreden, dieser Ausdruck wurde vielmehr angewandt, wenn man über ältere Leute sprach, beispielsweise „Üem Jannespitter os jestorve“ oder „wat os dat dann für ene Üem“? wenn ein Fremder vorbeiging. Der Üem war ein „alter“ Mann und die Senioren im Dorf waren für uns generell „aal Üeme“. Heute ist „mein Alter“ ein gängiges Wort für den Ehemann, früher meinte die Hausfrau zur Nachbarin : „Menge Üem os dies Wuch (diese Woche) op Montaasch“.
Uëstere (stimmloses e dreimal) Das Eifeler Mundartwort für „Ostern“. In Blankenheimerdorf gibt es ein lustiges Anekdötchen aus Großvaters Zeiten, das sich tatsächlich ereignet haben soll: „Stombs Wellem“ war Wanderschuster und ein echtes Dorforiginal, weit und breit ob seiner Späße bekannt und beliebt. Op Uësterdaach (am Ostersonntag) hatte er mit mehreren Kumpels im Dorfkrug die Auferstehung des Herrn gefeiert und machte sich etwas waggelich (wackelig, unsicher) auf den Heimweg. Draußen stolperte er und fiel, rappelte sich mühsam auf und kehrte freudestrahlend zu seinen Zechgenossen zurück mit dem Ausruf: „Jonge, höck (heute) oß jät passiert, wat et noch nie jejenn (gegeben) hät, höck oß Pengste op Uëstere jefalle“ (Pfingsten auf Ostern gefallen). Stombs Wellem hatte absolut Recht, er hieß mit Nachnamen Pfingsten.
Uëz „Eiß dä Teller leddich, hie were kejn Uëze jemääch“ (Ess den Teller leer, hier werden keine Reste gemacht), wies mich Jött zurecht, wenn ich mal wieder de Oure jruëßer wie dr Buch (die Augen größer als den Bauch) hatte und den zu voll geschöpften Teller nicht mehr leer essen mochte. Die Uëz war der Rest einer Mahlzeit, der auf dem Teller übrig blieb, oder auch ein nicht völlig verzehrtes Stöck (Butterbrot), in jedem Fall also ein Essenrest. Was dagegen im Komp (Schüssel) auf dem Tisch zurück blieb, war üwwerich (übrig) und konnte im Gegensatz zur Uëz wieder verwendet werden. Die Uëze kamen in den Veehejmer (Vieheimer = Behälter für Tiernahrung) und wurden verfüttert, Verzehrbares wurde unter gar keinen Umständen „entsorgt,“ die braune Tonne kannten und brauchten wir nicht.
erop - zeröck
Uhr Das Dialektwort wird für zwei verschiedene Begriffe gebraucht: „Die Uhr“ bezeichnet den Zeitmesser Uhr, mit „dat Uhr“ ist der Körperteil Ohr gemeint. Diese Doppelbedeutung ist in der gesamten Eifel üblich. Ohme, wievill Uhr oß et? erfragte früher der Hütebub beim vorbeikommenden Feldhüter die Zeit für den Heimtrieb, die er bei Sonnenschein am Schatten der Weidetiere abzulesen verstand. Wenn es die Arbeit erlaubte, legte man sich zur Mittagsrast gerne e Stöndche op et Uhr (ein Stündchen aufs Ohr), und wenn wir Pänz etwas angestellt hatten, gab es nicht selten e paar honner de Uhre (Ohrfeigen). Ein ähnlicher Ausdruck war honner de Horchleffele (hinter die Horchlöffel), und Jött sprach in einem solchen Fall von Uhrwatsche. Einen einfältigen Zeitgenossen nannte man Lutschuhr und der heimliche Lauscher war ein Luuschuhr, meistens aber Luuschhöhnche genannt.
Uhrekrücher Die Originalübersetzung lautet „Ohrenkriecher,“ bezeichnet wird damit der Ohrwurm, speziell der bei uns heimische Gemeine Ohrwurm, der in „fruchtbaren“ Jahren millionenfach auftritt. Das dunkelbraune Insekt sieht wegen der ausgeprägten Zangen am Hinterleib des männlichen Tieres ein wenig „gefährlich“ aus. Als Kinder hatten wir ziemlichen Respekt vor dem Uhrekrücher und auch manche Erwachsenen vermieden jede Berührung, völlig zu Unrecht, denn das Tierchen ist für den Menschen absolut harmlos, die „Zangen“ können die menschliche Haut nicht dürchpetsche (durchkneifen). Unsinnig ist auch die Version, der Uhrekrücher halte sich bevorzugt im menschlichen Ohr auf und kneife das Trommelfell durch. Immerhin aber verlieh diese Theorie dem Tier seinen landläufigen Namen. Der Ohrwurm vertilgt massenweise Blattläuse und ähnliche Schädlinge und sollte geschont werden.
Ül om Daach Der Ausdruck bedeutet „Eule auf dem Dach“ und das wiederum ist die landläufige Redewendung für häusliche Unstimmigkeiten. Ein häufiger Grund dafür, dass sich der Nachtvogel aufs Hausdach begibt, ist die Überschreitung des Frühschoppen-Limits, das in den meisten Fällen auf 12,30 Uhr angesetzt ist. Da bezahlt beispielsweise Nieres pünktlich um 12,25 Uhr seinen Bierdeckel und begegnet dem Protest der Thekengenossen mit der Erklärung: Ech moß hejm, sons han ech de Ül om Daach (Ich muss nach Hause, sonst…). Die „Dacheule“ äußert ihren Unmut in der Regel auf akustisch-drastische Weise, das Gegenteil ist das „Schweigen im Walde.“ Ein solches Schweigen grassierte bei Mattes und Drinchen, man verkehrte nur noch schriftlich miteinander. Also legte Mattes einen Zettel auf Drinchens Näächskommödche (Nachttisch): „Um vier Uhr wecken, Frühschicht.“ Er wurde wach und sah auf die Uhr: Zacker noch, halever sechs, dat Oos (Aas) hät mech net jeweck! Dann sah er den Zettel auf seinem Kommödchen: „Vier Uhr, aufstehen.“
Üleboum Der „Eulenbaum“, im Volksmund auch Kindchesboum (Kinderbaum), war eine Besonderheit in Blankenheimerdorf. Die uralte Buche, - man schätzte ihr Alter auf 300 Jahre - stand an der dem Dorf zugekehrten Nordseite des Waldbereichs „Olbrück“, im Dorf Horbröck genannt, wenige Schritte vom Standort der heutigen „Hubertusbuche“ entfernt. Ihr mächtiger Stamm war ausgehöhlt und aus dieser Höhlung, so wusste die Dorfsage, kamen die kleinen Babies. Unter dem tief herabhängenden Blätterdach stand seit eh und je eine Bank, - ein vielbesuchtes lauschiges Plätzchen in Sichtweite des Dorfes. Der Üleboum fiel Ende Mai 1970 einem Eifelsturm zum Opfer.
Urbel Urbel ist eine Art Sammelbezeichnung für eine unbestimmte Anzahl von wertlosen oder überflüssigen Gegenständen. Schmette Ohme hatte im Schuppen aufgeräumt und einen Haufen alt Jeschier (altes Zeug) bereit gelegt: „Dä janze Urbel kött op dr Wejerberch (Weierberg, frühere Müllkippe), dä litt ejnem hie blos en de Fööß“ (Der ganze Schrott kommt auf die Müllkippe, der liegt einem hier nur im Weg). Bevor zur Zeit unserer Eltern ein Gegenstand fottjeschmosse (weggeworfen) wurde, war er hundertmal umgedreht und von einer Ecke in die andere deponiert worden. War er endlich doch unwiederbringlich im Müll gelandet, hätte man ihn zwei Wochen später doch noch janz joot bruche (sehr gut brauchen) können. Auch heute erfüllt die „Wunderkiste“ in der Werkstatt so manchen Bastler- und Handwerkerwunsch und erspart den Gang zum Fachgeschäft.
erop - zeröck
üßdohn Die an der Oberahr gebräuchliche Form von „ußdohn.“ Die wörtliche Übersetzung ist „austun,“ im Alltag wird das Wort im Sinne von „ausziehen“ oder „ablegen“ gebraucht: Dohn de Schoh üß (zieh die Schuhe aus) oder Dohn dr Mantel üß (leg den Mantel ab). Weit verbreitet ist ein scherzhafter Willkommensgruß, der einem wohlbekannten und gern gesehenen Gast an der Haustür geboten wird: Komm erenn, dohn dech üß on hang dech op, was wörtlich „Komm herein, zieh dich aus und häng dich auf“ bedeutet. Der Besucher wird zu Eintreten aufgefordert, er soll seinen Mantel ablegen und an der Garderobe aufhängen. Ein weises Wort besagt: Mr soll sech net iëder üßdohn, bes mr schloofe jeht und das heißt, daß man sein Vermögen nicht vorzeitig an die Erben verteilen soll. Anschreiben beim Gastwirt oder im Laden war früher durchaus üblich. Beim Begleichen der Schuld wurde dann der Eintrag im Anschreibbuch durch einen Federstrich üßjedohn (gelöscht). In der Landwirtschaft stand üßdohn für die Ernte von Erdfrüchten: De Jrompere (Kartoffeln) oder de Kolerawe (Rüben) üßdohn. Regional war auch die Redewendung Dohn de Lamp üß (lösch das Licht) gebräuchlich.
üßewennich Das Wort ist unverwechselbar mit dem hochdeutschen „auswendig“ verbunden. Unser Volksschul-Lesebuch bei Lehrer Gottschalk enthielt eine Menge von Kurzgedichten bekannter Verfasser, die wir der Reihe nach üßewennich liehre (auswendig lernen) mussten. Viele davon sind erstaunlicherweise heute noch komplett „abrufbar“ und unvergessen. Wovon das Herz voll ist, davon läuft der Mund über, – einer aus der Stammtischrunde erzählte zum x-ten Mal sein Erlebnis mit der Stößkoh (wörtlich Stoßkuh = stoßwütige Kuh, die Menschen attackiert) und sein Nachbar ärgerte sich: Mensch hüer op, dat kenne mir üßewennich. Im übertragenen Sinn bedeutet üßewennich auch „außen, außen herum, von außen.“ So sind beispielsweise ungewöhnlich dicke Kartoffeln häufig üßewennich jesond, enewennich äwwer holl on fuul (außen gesund, innen aber hohl und faul). Eine Hausrenovierung war angesagt und Mattes beschloß: Üßewennich maache mir et em Sommer, enewennich hät et noch Zitt bos de Kirmes (Außenanstrich im Sommer, Innenrenovierung zur Kirmes).
üwwerfahre Vielfach auch öwwerfahre, hat wie im Hochdeutschen je nach Betonung zweierlei Bedeutung: Üwwerfahre ist das Übersetzen über einen Fluß oder See ans andere Ufer, üwwerfahre ist das Überrollen durch ein Fahrzeug. Ech han e Rieh (Reh) üwwerfahre, wä bezahlt mir jetz die Blötsch em Auto? meldete sich Hännes beim Förster. In Kripp (Rhein) angekommen, beschlossen die Fahrradtouristen: Hie fahre mir üwwer noo Linz (Rheinfähre). E Signal üwwerfahre kann im Zugverkehr böse Folgen haben und en ruët Ampel üwwerfahre kostet eine Menge Euros, oft sogar vorübergehend den „Lappen.“ Ein Autofahrer aus der Stadt hatte vor einem Eifeler Bauernhaus ein Huhn überfahren. Er meldete sich beim Hausherrn, um den angerichteten Schaden zu bezahlen. Der Bauer besah sich das tote Tier und meinte dann treuherzig: Dat os äwwer kejnt van menge Hohner, die sen nämlich net esu platt (Das ist keins von meinen Hühnern, die sind nämlich nicht so platt).
erop - zeröck
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