Wappen Blankenheimerdorf
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28.01.2012




 

Foto Hejo Mies 2010

Herzlich willkommen in Blankenheimerdorf

Nähdesch (weiches e)
Soweit es um häusliche Näh- und Flickarbeiten des Alltags ging, war jede Eifeler Hausfrau ihre eigene Näherin. Für Neuanfertigungen von Bekleidung oder größere Änderungen mußte aber die „Nähdesch“ bemüht werden, die gelernte Schneiderin, oder auch der Schnegger, ihr Berufskollege. So wurde unter anderem die kleine Ortschaft Nonnenbach, wo es keine Nähdesch gab, durch den Waldörfer Schnegger bedient, den Wanderschneider Hubert Kutsch aus dem Nachbarort Waldorf, der ein Hinkebein besaß und regelmäßig für mehrere Tage nach Nonnenbach kam. Die Nähdesch von Blankenheimerdorf hieß Elisabeth Poensgen. Sie wurde nach ihrem Elternhaus Friesen ortsüblich „Jäjesch Liss“ oder auch einfach nur „de Nähdesch“ genannt. Frau Poensgen hat im Jahr 1943 meinen Kommunionanzug angefertigt. Die Anproben fanden meistens sonntags nach der Messe statt: Wir Schlemmershofer mussten zur Kirche nach Blankenheimerdorf, hin und zurück sieben Kilometer Fußmarsch. Der freiwillige „Sonntagsdienst“ der Nähdesch ersparte uns den zusätzlichen Gang zur Anprobe.

Naache
Das Mundartwort bezeichnet ein kleines flaches Flussfahrzeug, einen Kahn oder ein Fährboot: den Nachen. Die Herkunft des Wortes könnte mit dem holländischen „Aak“ (Mehrzahl: Aken) in Verbindung gebracht werden, was früher die Bezeichnung für ein Rheinschiff bestimmter Bauart war. Der Nachen ist ein selten gebrauchtes Wort, meistens steht an seiner Stelle „Kahn“ oder „Boot.“ In der Mundart gibt es eigentlich nur eine einzige Anwendung für den Nachen: Du kanns mir dr Naache döüje, was wörtlich übersetzt „Du kannst mir den Nachen schieben“ heißt. Diese Redewendung bedeutet die Ablehnung, das Sich-Verwahren gegen ein Ansinnen oder eine Behauptung. Ein Beispiel: „Kannste mir ens honnert Euro pompe?“ Antwort: „Du kanns mir dr Naache döüje, ech han selever nix.“ Dr Naache döüje ist in den meisten Fällen eine elegante Umschreibung des bekannten Götz-Zitats.

Näächswächter
Was in vielen Eifelregionen mit „Naach“ oder „Naat“ bezeichnet wird, ist in Blankenheimerdorf die Nääch, demgemäß ist auch der Nachtwächter bei uns der Näächswächter. Ein früher bekannter Dörfer Näächswächter war Stombs Wellem, Wilhelm Pfingsten, der um 1900 lebte und um den sich eine ganze Anzahl lustiger Verzällcher ranken. Weit jüngeren Datums ist ein Thekenepisödchen, bei dem es um die hinterhältige Frage ging, ob die Witwe eines Näächswächters auch dann Sterbegeld von der Versicherung bekäme, wenn ihr Mann tagsüber stirbt. Als der Gefoppte nach hitziger Diskussion merkte, daß er veräppelt worden war, soll es zu bitterbösem Wortgefecht und langdauernder Feindschaft gekommen sein.

Nabel
Der mundartliche Nabel bezeichnet das Gleiche wie sein hochdeutsches Ebenbild, nämlich den Bauchmittelpunkt bei Mensch und Tier. Im Kreuzworträtsel wird gelegentlich auch nach der „Geburtsnarbe“ gefragt. Der Dörfer Dialekt kannte und kennt auch heute noch das überaus treffende Wort Buchknouf und das heißt wörtlich „Bauchknopf.“ Eine bei uns sehr häufige Wiesenpflanze, die „Acker-Witwenblume,“ hieß wegen ihrer knopfförmigen blau-violetten Blüten zu unserer Kinderzeit ebenfalls Buchknouf. In Vaters Schreinerwerkstatt erschien damals gelegentlich Baalesse Thuëres, der Hausschlachter von Blankenheimerdorf: Hein, ech schlaachte mohr ene Bärch, kannste dr Nabel bruche ? Er schlachtete also am nächsten Tag ein (kastriertes) männliches Schwein und fragte, ob Vater den Nabel brauchen könne. Diese heute seltsam erscheinende Frage war damals nichts Ungewöhnliches. Die hier mit „Nabel“ bezeichnete spezielle Bauchpartie vom Bärch war für absolut nichts anderes zu verwenden, dem Dorfschreiner diente sie unterdessen noch zum Einfetten der Bügelsägen und Fuchsschwänze. Der Schlachter beließ am vorderen Ende der halbmeterlangen „Nabelsehne“ einen faustgroßen Speckklumpen, der mit der Zeit trocken und hart wurde und ein dauerhaftes natürliches Schmiermittel für die Sägeblätter ergab. In Vaters Werkstatt hing ständig ein solcher Fettnabel griffbereit über der Hobelbank, Baalesse Thuëres, der bei uns ein und aus ging, sorgte ständig für Nachschub.

Nähschauß
Das Eifeler Schauß ist die hochdeutsche Schublade, das Nähschauß ist mithin eine „Nähschublade“ und die gab es bereits früher an der mechanischen Nähmaschine als schmaler Schubkasten unter der Arbeitsplatte. Eigentlich hätte die Einrichtung „Nähmaschineschauß“ heißen müssen, das Wort war aber zu umständlich und man kürzte auf „Nähschauß“ ab. Das Blankenheimerdorfer Schauß hieß bei uns daheim Schoss, das Schublädchen an der Nähmaschine war somit das „Nähschössje,“ im Alltag ganz einfach „et Schössje“ genannt, weil alle übrigen Schubladen im Haus große „Schosser“ (Mehrzahl von Schoss) waren. Jött beauftragte mich gelegentlich beim Nähen: „Jank holl mir ens dr Püssel üß dem Schössje“ (Geh, hol mir mal das Nadelkissen aus dem Schublädchen). Unsere Nähmaschine daheim war ein „Rheinperle“-Fabrikat, ihr Nähschauß war abschließbar und diente gelegentlich der Aufbewahrung von Geheimsachen.

Nähscholl (weiches o)
Regional auch „Nähschull,“ ist das landläufige Wort für die Nähschule, deren Entstehung weitgehend auf das Klosterleben und die Tätigkeit der Nonnen zurückzuführen ist. Als später an den Volksschulen das Fach „Handarbeit“ eingeführt wurde, übertrug der Volksmund die Bezeichnung Nähscholl auch auf diesen Unterrichtszweig. Alle zwei Wochen war nachmittags für die Mädchen „Nähscholl,“ den Unterricht erteilte in der Regel eine fachlich begabte Frau aus dem Ort. Bei uns daheim hat beispielsweise unsere Jött (Tante) in den Nachkriegsjahren den Schulmädchen Stricken und Nähen, Häkeln, Flicken und Stopfen beigebracht. Auf dieses freiwillig übernommene „Lehramt“ war sie stolz, zumal sie ja auch noch ein paar Groschen dabei verdiente. Für uns Jungen gab es analog zur Nähscholl der Mädchen, die „Werkstunde,“ die unter anderem dazu diente, das vom Lehrer gehackte Brennholz für den Schulofen unter Dach zu bringen und zu stapeln.

Namensdaach
Während wir heute in der Regel den Geburtstag mehr oder weniger ausgiebig zu feiern trachten, war zur Zeit unserer Eltern der Namenstag Anlass zu familiärer Festlichkeit. Das Namensfest des Pfarrpatrons war sogar häufig ein örtlicher Feiertag, zum Beispiel Pitteschdaach (Peter und Paul) in Blankenheimerdorf, Brijittefess (Brigidafest) in Nonnenbach oder Jörjesfess (Georgsfest) in Blankenheim. Andere Namenstage waren in der Landwirtschaft von Bedeutung oder begründeten Bauernregeln, Mechelsdaach (Michaelstag) beispielsweise, Bärb (Barbaratag) oder Jierdrög (Gertrudis). Vell Jelöck op dr Namensdaach lautete ganz allgemein der Glückwunsch, regional auch Vell Jlöcks mit dem Namenszusatz, etwa Vell Jlöcks Pitter. Zu meiner Kinderzeit lebte in unserer Nachbarschaft ein geistig stark behinderter Mann mittleren Alters. Er konnte weder lesen noch schreiben, er kannte aber die Namenstage aller derjenigen Mitmenschen, denen er wohlgesonnen war. Wie er das fertig brachte, ist bis heute ein Rätsel. Bei jedem Einzelnen erschien er mit einer Handvoll Wiesenblumen oder Laubzweigen als Namensdaachsstruuß (Strauß) und gratulierte, sogar bei uns Kindern.

Nasewärmer
Der „Nasenwärmer,“ ein etwas seltsamer Begriff, unter dem man sich spontan einen Kälteschutz für Gesicht und Nase vorstellen möchte. Den „Nasewärmer“ unserer Eltern unterdessen bezeichnete man auch als Knasterdöppe oder weniger vornehm als Sejwerdöppe, und das war ganz allgemein die Tabakpfeife. Der Nasewärmer war eine solche „Mutzpfeife“ mit sehr kurzem Stiel. Es gab irdene Mutzpfeifen, die von ihrem Besitzer wie eine Kostbarkeit behandelt und gepflegt wurden. Ein solches Rauchgerät nannte man Hans und sein Besitzer hätte es gegen die teuerste Pfeife nicht eingetauscht. Der Mutz-Hans wurde geraucht, bis der Stiel nur noch wenige Zentimeter lang war und der Pfeifenkopf somit beinahe die Nase berührte. Das war dann der echte Mutz-Nasewärmer. Die Senioren aus Blankenheimerdorf erinnern sich noch gut an Bahne Mattes, den Landwirt und Feuerwehrführer Matthias Schlemmer, den man nur selten ohne seinen geliebten Mutz-Hans-Nasewärmer gesehen hat.

Nätz
Nätz ist das Allgemeinwort für „Nässe,“ es wird aber überwiegend als Bezeichnung für Feuchtigkeit, leichte Nässe oder Nieselregen gebraucht. Köbes wollte eigentlich spazieren gehen, es nieselte aber und bie der Nätz ging er nicht vor die Tür. Ich hatte am Wassereimer jeschlabbert und erhielt den Befehl: „Holl dir de Schrupplomp on botz die Nätz op.“ Schrupplomp (Schrubberlumpen = Putztuch) und Spöldooch (Spültuch) waren bei mir verhasst. Wenn beim Kleinkind die Windel feucht wurde, hatte Baby jenätz. Regional umschrieb man auch das normale menschliches Bedürfnis: Ech moß ens nätze john. Und wenn ein Wiehche (Wehchen, Wunde) ärch wuër (arg wurde = nicht heilte), war es ständig am nätze.

nonanner
(hartes o)
Das Wort bedeutet „zurecht, ordentlich, heil“ und wird meist im Zusammenhang mit maache (machen) angewendet: „Dat Steng (Christine) hät sech äwwer noch ens nonanner jemääch wie ene Filmstar“, stellte Schäng beim Kirmesball fest. Unsere Jött machte allmorgendlich unsere zerwühlten Kinderbetten „nonanner“ und der an Grippe erkrankte Fränz konnte nicht zur Arbeit, weil er „noch net janz nonanner“ war. Das Wort wird gelegentlich mit noënanner verwechselt. Das aber bedeutet „nacheinander“. Ein anderes Wort für nonanner ist nonej.

noobere (hartes o)
Ein Wort aus der „guten“ alten Zeit. Wenn abends das Vieh versorgt und die Hausarbeit getan war, ging man häufig noch ein wenig „noobere,“ das heißt man ging auf ein Plauderstündchen zum Nachbarn hinüber. Für „noobere“ gibt es kein hochdeutsches Wort, man könnte den Ausdruck mit „die Nachbarschaft pflegen“ übersetzen, denn der Noober ist der Nachbar. Noobere konnte gelegentlich nützlich sein, beispielsweise dann, wenn es beim Nachbarn nach Riefkooche (Reibekuchen) oder Hejnschkooche (Buchweizen-Pfannkuchen) duftete. Bei solcher Gelegenheit fiel in der Regel stets eine Kostprobe für den Besucher ab. Heute geht kein Mensch mehr noobere, lieber „entspannt“ man sich vor dem Bildschirm und handelt im Übrigen nach dem Grundsatz: Was diesseits meiner Grundstücksgrenzen geschieht, geht den Nachbarn nichts an. Es gab auch den Ausdruck „nööbere,“ der aber eher „anbiedern“ bedeutete oder ein Sich-Annähern beschrieb.

Noßdier
Wörtlich „Nusstier“, ein fiktives Wesen, das die Eltern als Abschreckung für uns Kinder erfanden, damit wir beim Nosse (wörtlich „nussen“ = Nüsse ernten) pfleglich mit den Haselsträuchern umgingen. Jede mutwillige Beschädigung der Noßhecke war verpönt und zog unweigerlich ein elterliches Donnerwetter nach sich. Und man konnte von Glück sagen, daß nicht das Noßdier die Untat beobachtet hatte. Auch eine Anwendung von Naturschutz.

Nuckes
„Moor kött dr Baales os Nuckes schlaachte“, kündigte Ohm Mattes an und das hieß, daß am nächsten Tag Hausmetzger Theodor Baales unser Schwein schlachten würde. „Nuckes“ war allgemein unser Wort für das Hausschwein beiderlei Geschlechts, vielfach war auch der Ausdruck Küss gebräuchlich. Zur Definition des Geschlechts wurde das weibliche Tier Kreem genannt, das männliche (kastrierte) Gegenstück war der Bärch. Die Zuchtsau war die Ferkels-Sou, der Zuchteber wurde Bier genannt. Unser Wort für das Wildschwein allgemein war well Sou (wilde Sau).

Nuëtstall
 
Wörtlich „Notstall“, in der Schmiede der enge „Käfig“ aus massiven Holzbalken oder Eisengestänge, in den die Reit- und Gespanntiere zum Beschlagen eingesperrt und zum Stillhalten gezwungen wurden. Das Deutsche Wörterbuch (Grimm) kennt den Ausdruck „Nothstall“ und bezeichnet damit „eine gewaltsam enge umschränkung, ein noth verursachendes gestelle, ge-rüste.“ Als Kind habe ich den Nuetstall als Foltergerät gehasst.

nüüß
„Dat oß äwwer nüüß mieh Jenaues“ war eine häufig gebrauchte Redewendung in schwierigen Situationen, wenn sozusagen „guter Rat teuer“ war. „Das ist aber nichts mehr Genaues“ lautet die Übersetzung, richtig wäre „…nichts Genaues mehr,“ seltsamerweise fand aber der kuriose Wortbau Anwendung. „Nüüß“ ist eine Steigerung von „nix“ (nichts) und könnte auch durch „jar nix“ (gar nichts) ersetzt werden. Unserem mundartlichen „nüüß“ entspricht das artverwandte holländische Wort „nooit.“ Eine weitere Redewendung war „Dat notz mech nüüß“ (Das nützt mir nichts), und wenn wir Pänz allzu neugierig den Karton voller alter Zeitungen und Kalender durchstöberten, gab es unvermutet eine Uhrwatsch (Ohrfeige) und Jött meckerte: „Loß de Fongere (die Finger) dovan, dat jeht dech nüüß aan.“ Früher war auch das Wort „onjenüüßelich“ im Umlauf und das bedeutete habgierig, ungenügsam, unbescheiden. Von einem raffgierigen Zeitgenossen behauptete man: „Dä oß derart onjenüüßelich, dä krett dr Hals net voll.“
 

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